(DEL2, Bietigheim) (Hermann Graßl) In der Ege Trans Arena fand das vierte Finalspiel statt, schon wieder eine Must-Win-Konstellation für die Steelers aus Bietigheim, die mit dem Erfolg in Kassel die Serie wieder spannend gestalten konnten. Für die Huskies galt es heute, aus den Fehlern vor 2 Tagen zu lernen und an ihren letzten Auftritt im Enztal anzuknüpfen. Bietigheim setzte sicher alles dran, ein Spiel 5 zu erzwingen. Es könnte heute Abend den ersten Aufsteiger seit 2006 geben. Schließlich erzwang Bietigheim in einem hochdramatischen Finish gegen starke Huskies mit einem Last Second Treffer den Ausgleich in der Finalserie.
(Foto: Bietigheim Steelers)
Bietigheim wollte den Schwung vom Auswärtserfolg mitnehmen und in heimischen Gefilden die Finalserie ausgleichen, um ein ultimativ letztes Spiel zu erzwingen. Die Steelers zeigten zuletzt beim Favoriten eine durchweg solide Leistung über alle drei Drittel und belohnten sich für ihre Bemühungen trotz ihres klammen Kaders ohne so wichtige Leistungsträger wie Goc, Sheen und Breitkreutz. Auf dieser bemerkenswerten Team- und Willensleistung konnten sie aufbauen; sofern sie ihre zahlreich kreierten Chancen auch nutzten, hätten sie gute Erfolgsaussichten. Die Steelers hatten im Gegensatz zu den Huskies mehr Erfahrung gesammelt, was entscheidende Matches angeht in den bisherigen Playoff Serien. Dies könnte sich vielleicht am Ende als kleiner Vorteil erweisen.
Kassel schaffte es nicht, zuhause den Deckel draufzumachen und mit einem Sweep den Titel zu holen. Die Huskies standen oft neben der Spur, waren entweder einen Schritt zu langsam oder hatten bei wichtigen Zweikämpfen das Nachsehen. Diese Defizite wollten sie heute von Beginn an abstellen und ihren Erfolg vom vergangenen Sonntag wiederholen. Trotz des unglücklichen Lapsus von Kuhn kurz vor Schluss hielten sie an ihrem bislang herausragenden Goalie fest und setzten weiterhin auf ihr bewährtes Trio Saponari, Cornet und Trivino sowie Rückkehrer Olsen. Falls die Schlittenhunde ihre bisher aufs Eis gelegte hohe Geschwindigkeit aufrechterhielten und wieder schnell die neutrale Zone überbrückten, waren sie brandgefährlich.
Vor dem Start wurde wie gewohnt die Nationalhymne wieder von Lisa (Voltz) intoniert und Jimmy Hertel fungierte wiederum als Co-Kommentator. Es würde heute bestimmt wieder eine qualitativ hochstehende Partie zwischen zwei Top Teams werden. Den Auftakt bestimmten ganz klar die Hausherren, bevor sich dann die Huskies in Richtung Doubrawa bewegten. Man durfte gespannt sein, welche Linie die Schiedsrichter heute an den Tag legen würden.
Kassel setzte sich dann mal kurz in der Zone der Steelers fest und kreierten gleich gefährliche Chancen im Rebound. Im Gegenzug markierte Bietigheim in der 4. Spielminute jedoch die schnelle Führung durch Hauner nach feinem Pass von Stretch. Dabei passte die Zuordnung vor dem Slot nicht. Somit knüpften die Steelers fast nahtlos an ihre Leistung vom Dienstag an. Nur 1 ½ Minuten später legten die Hausherren sofort nach mit dem zweiten Treffer durch Jasper. Das war ein Auftakt nach Maß für Bietigheim und Kassel war sichtlich geschockt. Eine 2 Tore Führung war ein Novum für die Steelers in dieser Finalserie.
Bietigheim störte effektiv und betrieb ein solides Forechecking und überbrückten die neutrale Zone strukturiert, wodurch die Gäste nicht wie gewünscht ins Spiel kamen. Die Schlittenhunde wiesen zwar eine gute Bully Quote auf, was sich jedoch nicht ergebniswirksam auswirkte. Stretch war bisher eine wesentliche Schlüsselfigur im Mannschaftsgefüge der Steelers und scorte unablässig, wobei er auch seine Defensivrolle ernst nahm.
In den letzten Minuten erarbeiteten sich die Schlittenhunde ein paar Gelegenheiten, doch Doubrawa war stets auf dem Posten und bestätigte seine bisherigen Playoff Auftritte. Beim Konter der Gäste in der 19. Spielminute war aber auch er chancenlos gegen Olsen, der nach einem vorherigen Pfostenknaller goldrichtig stand. So hat sich dessen Rückkehr schon ausgezahlt mit seinem Treffer zu einem psychologisch wichtigen Zeitpunkt. Dank eines furiosen Auftakts sicherten sich die Steelers eine verdiente 2 zu 1 Führung nach dem ersten Drittel. Kassel musste unbedingt mehrere Gänge hochschalten und zu Beginn des Mittelabschnitts hellwach sein, wollten sie hier im Enztal noch was reißen.
Im zweiten Drittel musste Bietigheim seinen bisher praktizierten erfolgreichen Zug zum Tor fortsetzen und Kassel konnte auf den späten Anschlusstreffer mental aufbauen. Die Gäste kamen dieses Mal konzentrierter aus der Kabine und konnten etliche Gelegenheiten verbuchen, bis dann Doubrawa in einer brenzligen Situation die Scheibe letztlich unter sich begrub; dies war die Chance zum Ausgleich für die Gäste, die nun viel Druck ausübten und schließlich den Puck trudelnd ins Tor bugsierten. Der Treffer in der 25. Spielminute wurde Cornet gutgeschrieben.
Kein Vergleich wie die Huskies zu Beginn des Mittelabschnitts agierten; das Remis hatten sie sich verdient. Ein toller Save von Kuhn verhinderte die schnelle Antwort der Steelers. Kuhn musste dann wieder in höchster Not eingreifen, nachdem die Hausherren zuvor mehr mit der Verteidigung zu tun hatten, da die Gäste in den ersten 10 Minuten spielbestimmend waren. Danach wurde die Begegnung wieder ausgeglichener und die Steelers konnten sich aus der Umklammerung befreien.
Bietigheim durfte nun in Überzahl ran, es war die erste Strafe überhaupt in einem bislang fairen Match. Diese numerische Überlegenheit war jedoch bald durch ein Beinstellen von Jaspers ad acta. Es wäre wieder der perfekte Zeitpunkt für ein Tor: gesagt getan, denn Olsen versenkte die Scheibe humorlos hinter Doubrawa in der 36. Spielminute mit einem satten Distanzschuss. Der Kanadier setzte nach seiner Spieldauerstrafe heute schon 2 dicke Ausrufezeichen und das auch noch im Powerplay, eine Disziplin, in der die Gäste noch viel Luft nach oben hatten! Nach überstandener Strafe beschäftigten die Huskies den Goalie der Steelers ordentlich und untermauerten den aktuellen Spielstand.
Nach einem sehr guten Drittel übernahmen die Schlittenhunde immer mehr das Kommando auf dem Eis und nahmen ihrerseits nun eine hauchdünne Führung mit in die zweite Pause. Spiel komplett gedreht, doch es war noch genug Eiszeit für Bietigheim, zurückzukommen.
Der Schlussabschnitt war auch in dieser Begegnung zweier Teams auf Augenhöhe von einem dramatischen Finish geprägt. Ein Tor aufzuholen war nicht unmöglich und motivierte bestimmt die Hausherren bis in die Haarspitzen, zumal sie in der Schuss Statistik bislang klar vorne lagen. Sie mussten weiter die Pucks zum Tor befördern, um letztendlich die Früchte zu ernten.
Die Hausherren legten gleich mal los wie die Feuerwehr und prüften Kuhn erneut. Mit einem frechen Bauerntrick düpierte Jasper den Goalie der Schlittenhunde und netzte in der 42. Spielminute eiskalt zum erneuten Ausgleich ein. Der emsige Stretch bekam seinen bereits dritten Assist am heutigen Abend. Nicht einmal 3 Zeigerumdrehungen danach markierte Jasper für die Steelers sogar die Führung in diesem wilden Match. Es war bereits sein drittes Tor in diesem richtungsweisenden Spiel.
Dieser Start erinnerte stark an Drittel Nummer 1, als die Hausherren ebenfalls furios begannen. Nach einem harten Check an Renner nutzte Kassel die kurze Verwirrung und Laub verwandelte einen Schuss aus spitzem Winkel unhaltbar hinter Doubrawa. Nun war alles wieder auf Anfang gestellt und die knisternde Spannung war förmlich zu spüren trotz fehlender Fanunterstützung. Spiel 4 mit einem Spielstand von 4 zu 4, besser hätte es Hitchcock nicht drehen können!
Im 2 auf 1 lag ein fünfter Treffer in der Luft für die Gäste, die nun das Momentum auf ihrer Seite hatten, doch kurze Zeit später erneut in Unterzahl antreten mussten. Beide Teams kämpften um jeden Zentimeter und die Huskies präsentierten sich bärenstark in dieser brenzligen Phase, die sie schadlos überstanden und dann selbst im Powerplay agieren durften. Dabei formierten sie sich sehr schnell und zogen ein gutes Überzahlspiel auf, ohne jedoch die zwingenden Gelegenheiten herauszuarbeiten. Ähnlich souverän wie die Gäste zuvor demonstrierten die Steelers ein starkes Powerplay Killing und die Crunchtime brach nun an.
Wer hatte den Lucky Punch noch im Köcher? Unfassbar, sensationell: 1,5 Sekunden vor der Sirene setzten die Steelers mit dem Siegtreffer durch Schule den Deckel drauf und forcierten tatsächlich ein fünftes Spiel in Kassel, die ultimative Entscheidung in einem Playoff Herzschlagfinale!
Stimmen zum Spiel:
Bietigheim – Naud (HC): „Es war ein sehr gutes Match mit viel Tempo. Wir sind vorne, dann in Rückstand und kommen wieder zurück. Es ging hin und her, für das Herz war das nicht das Beste. Unglaublich diese Leistung, das Match war auf Augenhöhe, Kassel hat hart gespielt. Wir haben uns das Spiel 5 verdient, für den Aufstieg in der DEL2 ist das die beste Werbung.“
Kassel - Kehler (HC): „Es war ein Wahnsinnsspiel, Respekt für Bietigheim, die trotz ihrer kurzen Bank zurückkamen. Im letzten Drittel haben wir Fehler gemacht, welche die Steelers wieder ins Spiel zurückgebracht haben, haben das ganze Jahr für diesen Heimvorteil hingearbeitet, nun sind wir bereit für das Entscheidungsspiel.“
Finalspiel 4 vom 20.05.2021
Bietigheim – Kassel 5:4 (2:1|0:2|3:1)
Tore:
1:0 |04| Hauner (Stretch, Jasper)
2:0 |05| Jasper (Stretch, Schoofs)
2:1 |19| Olsen
2:2 |25| Cornet (Moser)
2:3 |36| Olsen (Keussen, Breitkreuz) PP1
3:3 |42| Jasper (Stretch, Hufner)
4:3 |45| Jasper (Just)
4:4 |48| Laub
5:4 |60| Schule
Zuschauer: Keine
Schiedsrichter: Brill / Klein
Aufstellung:
Bietigheim: Doubrawa, Hauner, Hufner, Jasper, Just, Kneisler, Kuqi, McKnight, Pokorny, Preibisch, Prommersberger, Renner, Ribnitzky, Schoofs, Schule, Stretch, Wenzel, Zientek.
Kassel: Kuhn, Breitkreuz, Cornet, Dinger, Granz, Keussen, Kranz, Krüger, Laub, Moser, Olsen, Reich, Rutkowski, Saponari, Schmidpeter, Shevyrin, Spitzner, Tramm, Trivino, Valentin.
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