(DEL2, Kassel) (Hermann Graßl) In der Eissporthalle Kassel stand Finalspiel Nummer 3 auf dem Programm, für Bietigheim ein Do or Die Game, denn die Huskies würden bei einem erneuten Erfolg die Meisterschale jubelnd in die Luft hieven. Die gewohnte Playoff Intensität mit den üblichen Provokationen und hitzigen Auseinandersetzungen war sicher wieder fester Bestandteil dieser brisanten Begegnung. Schließlich wehrte Bietigheim den ersten Match Puck ab und konnte am Donnerstag den Serienausgleich herstellen. Dank einer bärenstarken Vorstellung in Kassel gewannen die Steelers am Ende verdient mit 2:3.
(Foto: Bietigheim Steelers)
Kassel schuf die idealen Voraussetzungen, um zuhause als Champion der DEL2 vom Eis zu gehen. Es war jedoch eine Binsenweisheit, dass gerade der letzte Sieg in einer Serie der schwierigste sein würde. Mit der leichten Favoritenrolle im Nacken sollte dieses Unterfangen aber keine Bürde werden, sondern die Schlittenhunde wollten in bewährter Art und Weise die Früchte einer bislang äußerst erfolgreichen Saison einfahren und sich erneut zum Champion krönen. Für den gesperrten Olsen lief heute Cameron auf, der vor 2 ½ Monaten seinen letzten Einsatz hatte.
Bietigheim wollte die Heimpleite schnell abhaken und genau wie in Spiel 1 den Huskies ordentlich Paroli bieten. Noch war nichts verloren, doch ohne Topscorer Sheen und Breitkreutz sowie Goc schien dies eine Mammutaufgabe zu werden. Die Steelers mussten an ihr erstes Drittel vor zwei Tagen anknüpfen, um vielleicht doch noch die Serie zu ihren Gunsten zu drehen. Dafür mussten die Gallionsfiguren McKnight und Stretch die Initiative auf dem Eis ergreifen und das Team mitreißen und zu einer Top Leistung anspornen. Ihr Goalie Doubrawa hat seine herausragende Fangquote sogar noch steigern können, was dem ausgedünnten Defensivverbund sicher guttut.
Vor dem Start wurde standesgemäß die Nationalhymne von Dorothea Proschko intoniert, die bereits 2016, als Kassel zum letzten Mal Meister wurde, diese ehrenvolle Aufgabe übernahm. Heute trugen die Referees wegen eines Todesfalls Trauerflor: ein Förderer und Freund des Schiedsrichterwesens verstarb kürzlich.
Man durfte gespannt sein, wie die Steelers mit ihrer bisherigen Abhängigkeit von den special teams zurechtkamen. Zumindest kamen sie sehr gut aus der Kabine und waren in den ersten Minuten spielbestimmend. Sie wussten, worum es heute ging und hatten gleich eine gute Chance zu verzeichnen. Bietigheim setzte die Schlittenhunde gleich unter Druck und Kuhn war schnell warmgeschossen. Comeback Qualitäten hatten die Steelers schon mehrfach unter Beweis gestellt. Dann zeigte Doubrawa bei einem Konter der Hausherren seine ganze Klasse. Beim zweiten gefährlichen Vorstoß der Huskies netzte Cornet in der 6. Spielminute zum ersten Mal ein. Dies war ein Schock für die Steelers, waren sie bis dato die tonangebende Mannschaft. Die Gäste zeigten sich aber nicht geschockt, sondern blieben im Vorwärtsgang.
Nach dem Powerbreak belohnten sie Steelers für ihren bisherigen couragierten Auftritt mit dem verdienten Ausgleich. Torschütze war Jasper in der 10. Spielminute bei einem schulmäßig vorgetragenen Konter. Kehlers deutliche Worte während der Pause hatten wohl nicht gefruchtet. Bietigheim war optisch leicht überlegen und agierte weiterhin aggressiv, nur die gefährlichen Abschlüsse bleiben noch aus. Das Geschehen spielte sich überwiegend in der Zone der Huskies ab, doch Doubrawa musste stets auf der Hut sein bei den seltenen Gegenstößen der Hausherren. Wie lange würden die Gäste dieses hohe Tempo durchhalten mit ihrem arg dezimierten Kader?
In der 17. Spielminute ging Kassel in Person von Trivino erneut in Führung, wobei er von seinem kongenialen Partner Saponari ideal bedient wurde. Nach forschem Beginn der Steelers nahmen die Schlittenhunde schließlich in einer fair geführten Partie eine knappe Ein Tore Führung mit in die Kabine. Die Gäste mussten sich nichts vorwerfen lassen, Kassel erwies sich als effektiver in der Verwertung. Keussen: „Die Steelers wollten gewinnen, sie hatten nichts zu verlieren. Wir müssen dagegenhalten und unsere Chancen nutzen. Der Plan für die nächsten 40 Minuten ist, das Spiel zu gewinnen.“
Im zweiten Drittel musste Bietigheim einfach genauso weitermachen, wie sie das Match begannen: hochkonzentriert, dynamisch und zielstrebig. Noch war hier nichts entschieden. Wieviel Kraftreserven hatten die Gäste im Laufe der Playoff Serie noch im Tank? Dieses Mal konnten sich die Gäste nicht so stark festsetzen. Renner hatte aber die erste gute Gelegenheit im Mittelabschnitt unmittelbar gefolgt von einem Abschluss durch Stretch. Doubrawa verkürzte geschickt den Winkel bei einem Konter von Laub, indem er fast einen ganzen Meter aus seinem Gehäuse herauskam.
Bietigheim blieb hartnäckig und erarbeitete sich Chancen, scheiterte aber an Kuhn. Auf der Gegenseite entschärfte Doubrawa gegen Saponari. Schoof klärte dann gegen Cornet routiniert, was sich dann in kleine verbale Scharmützel entlud. Vor dem Powerbreak fischte Kuhn noch einen Schuss mit seiner Fanghand runter.
Mitte des zweiten Drittels durften sich die Gäste im Powerplay üben, doch die Schlittenhunde verteidigten geschickt und unterbanden die Angriffe der Steelers schon früh. Kurz vor Ablauf der Überzahl vergab Jaspers in aussichtsreicher Position im Slot. Würde sich diese fahrlässige Chancenverwertung irgendwann rächen? Die Hausherren hatten in dieser Phase Probleme, ein gut strukturiertes Aufbauspiel zu demonstrieren und mussten etliche Icings schlucken. Mit dieser Performance war Coach Kehler gar nicht zufrieden. Sein Team musste es wieder schaffen, die neutrale Zone besser zu überbrücken.
Die Steelers zeigten bisher ihr bestes Drittel gegen den Hauptrundensieger und versäumten es bislang, sich dafür zu belohnen. Kuhn hatte immer wieder ein Schläger- oder Körperteil dazwischen und bewahrte seine Vorderleute vor dem Ausgleich. Trivino fand dann wieder in Doubrawa seinen Meister, der in bestechender Form war und sein Team im Spiel hielt. Zientek und Preibisch erwiesen sich als Antreiber und Renner setzte ebenfalls gute Offensivakzente. Die Huskies schienen die Pause herbeizusehnen, um dann für den Schlussabschnitt gerüstet zu sein. Ihre Angriffsbemühungen wurden meistens im Keim erstickt.
Es blieb weiterhin beim hauchdünnen Vorsprung für die Huskies, die im zweiten Drittel klar von den Gästen dominiert wurden. Trivino: „Es ist ein enges Match, wir hatten das erwartet. Wir müssen mehr Scheiben zum Tor bringen und mehr Druck erzeugen und Konter vermeiden. Wir glauben, dass wir das bessere Team sind und müssen so weiterspielen, dann gewinnen wir.“
Im Schlussabschnitt war für Dramatik gesorgt mit diesem Spielstand zugunsten der Huskies, die zwar bisher ein viel schlechteres Torschussverhältnis aufwiesen aber trotzdem das eine Tor mehr erzielten, was aktuell den entscheidenden Unterschied ausmachte. Auch zu Beginn dieses Drittels hielten die Steelers den Druck aufrecht und zwangen die Hausherren zu unerlaubten Weitschüssen. Dann meldete sich Kassel wieder mal zurück: Saponari, Trivino und Cornet hatten gleich mehrere Gelegenheiten kurz hintereinander, um die Führung auszubauen. Kurz danach rettete der Pfosten für den Goalie der Steelers bei einem Schuss von Breitkreuz. Dieses offensive Lebenszeichen tat dem Team um Kehler sichtlich gut. Kurz vor dem Powerbreak hatte Kneisler den Ausgleich auf seinem Schläger, der Puck fand aber nicht den finalen Weg ins Tor.
Dann war es aber doch passiert, als Jasper in der 49. Spielminute mit seinem heutigen zweiten Treffer das Remis herstellte, das hochverdient war zu diesem Zeitpunkt. Die Steelers waren nun beflügelt und die Hausherren offenbarten ungewohnte Schwächen und leisteten sich Unkonzentriertheiten. Jasper war on Fire und Cameron hätte fast getroffen. Jetzt entwickelte sich in den letzten Minuten ein extrem spannendes Match, es ging rauf runter und das Tempo wurde erhöht. Die Schlittenhunde agierten nun wieder entschlossener und wollten sich nicht den Schneid abkaufen lassen. Mehr als 3 Minuten vor der Sirene hatte Wenzel DIE Chance zum dritten Treffer, scheiterte aber an Kuhn.
In der letzten Spielminute rutschte Kuhn die Scheibe unglücklich durch die Schoner zur 2:3 Führung für die Steelers. Torschütze war Preibisch. Der Favorit musste sich am Ende trotz zweimaliger Führung den Gästen aus Bietigheim knapp geschlagen geben und die Entscheidung um die Meisterschaft wurde auf Donnerstag vertagt.
Stimmen zum Spiel:
Kassel - Kehler (HC): „Die bessere Mannschaft hat gewonnen. Das 3. Spiel ist das Schwerste. Drei Drittel war Bietigheim besser im Zweikampf, aber wir sind bereit für Donnerstag.“
Bietigheim – Naud (HC): „Es war wieder ein Spiel auf Messers Schneide von zwei top Teams, die unbedingt gewinnen wollten. Wir waren zweimal im Rückstand, und wir wollten gleich angreifen und zeigen, dass wir noch nicht tot waren. Ich bin stolz auf die Leistung, aber es ist nur ein Sieg. Wir brauchen drei Erfolge und wir werden uns vorbereiten.“
Finalspiel 3 vom 18.05.2021
Kassel – Bietigheim 2:3 (2:1|0:0|0:2)
Tore:
1:0 |06| Cornet (Moser)
1:1 |10| Jasper (Hauner, Stretch)
2:1 |17| Trivino (Saponari, Laub)
2:2 |49| Jasper (Preibisch, Hauner)
2:3 |60| Preibisch (McKnight, Schule)
Zuschauer: Keine
Schiedsrichter: Brill / Haupt
Aufstellung:
Kassel: Kuhn, Breitkreuz, Cameron, Christ, Cornet, Dinger, Granz, Keussen, Kranz, Laub, Moser, Reich, Rutkowski, Saponari, Schmidpeter, Shevyrin, Spitzner, Tramm, Trivino, Valentin.
Bietigheim: Doubrawa, Hauner, Hufner, Jasper, Just, Kneisler, Kuqi, McKnight, Pokorny, Preibisch, Prommersberger, Renner, Ribnitzky, Schoofs, Schule, Stretch, Wenzel, Zientek.
Deutsche Eishockey Liga2 (DEL2)
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