(PENNY-DEL, Berlin) (Hermann Graßl) In der Mercedes-Benz Arena empfing Berlin die Grizzlys aus Wolfsburg zu Finalspiel Nummer 1 der diesjährigen PENNY DEL Playoff Serie. Die Eisbären durchlebten bislang Höhen und Tiefen sowohl im Viertelfinale als auch im Halbfinale, schafften aber immer den wichtigen Turnaround und zogen letztlich dank ihrer ausgeprägten Comeback Qualitäten ins Endspiel ein. Mit Wolfsburg bekamen sie einen hartnäckigen Gegner, der bislang extrem strukturiert und kompakt auftrat und nicht von Ungefähr den amtierenden Meister aus Mannheim eliminierte.
Schließlich setzte sich im ersten Spiel zweier Teams aus der Nordgruppe der Gast aus Wolfsburg nach Verlängerung mit 2:3 gegen nie aufgebende Berliner durch. Der Hüne Melchiori, der stets die meiste Eiszeit auf seinem Buckel hatte, war der Matchwinner in einer fesselnden Begegnung.
(Fotoquelle City-press)
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Die Eisbären aus Berlin schafften es nunmehr schon zum elften Mal in ein DEL Finale einzuziehen und wollten jetzt auch ihren achten Titel einheimsen. Der Seriensieger des deutschen Eishockeys strotzte sicherlich vor Selbstvertrauen, denn nach all diesen Achterbahnfahrten in den Playoffs fehlte nur noch das Sahnehäubchen mit der Krone des Championship Titels. Mit Ryan McKiernan und Matt White liefen zwei Hochkaräter bislang zur Hochform auf, die sie weiter aufs Eis bringen wollten. Ihren Heimvorteil wollten sie dieses Mal auch zu ihren Gunsten ummünzen. Hördlers immense Playoff Erfahrung mit 10 Finalteilnahmen war ein großes Plus auf Seiten der Berliner.
Aubin: “Wir sahen uns noch das Spiel in Mannheim an verbrachten dann gestern und am Freitag Zeit miteinander. Jetzt gilt es zu spielen, mit der Vorrunde und den bisherigen Hauptrundenspielen hat das heute nichts mehr zu tun. Es war eine komplett neue Saison mit unterschiedlichen Teams auf beiden Seiten. Wir blicken immer nach vorne und wissen, dass Wolfsburg eine gute Mannschaft ist, die diszipliniert und strukturiert ist. Es spielt keine Rolle, welches System man hat, wir müssen bereit sein und die Special Teams sind entscheidend. Jetzt haben wir die Gelegenheit für den Titel und wir freuen uns.“
Die Grizzlys aus Wolfsburg verdienten sich nach ihrem famosen Schlussakkord in der Hauptrunde die Playoffs, in denen sie sich in zwei dramatischen Begegnungen erst im entscheidenden Spiel 3 durchsetzen konnten. Insbesondere ihr Husarenstück gegen die Adler setzte beim Team um Pat Cortina weitere Kräfte frei, die sie nun gegen den leichten Favoriten aus Berlin gewinnbringend bündeln wollten. Mit ihrem Urgestein Furchner, der als Identifikationsfigur von eminenter Bedeutung war und dem stetig scorenden Franzosen Rech hatten sie gute Karten, erfolgreich Paroli zu bieten.
Cortina: „Es spielt keine Rolle mehr, wie die bisherigen vorher gewonnenen Matches in der letzten Hauptrunde ausgingen. Jede Playoff Serie hat seine eigene Geschichte. Wir haben uns gesteigert, weil wir im hier und jetzt bleiben. Wir denken nicht zu viel über die Vergangenheit nach, sondern wir sind fokussiert auf das heutige Spiel.“
Es ist immer was ganz Besonderes in einem Playoff Finale, wenn zu Beginn die deutsche Nationalhymne intoniert wird: Gänsehaut und Adrenalin pur für alle Beteiligten auf dem Eis, bevor es dann so richtig los geht. Bernd Römer von der bekannten Kultgruppe Karat heizte die Protagonisten schon mal ordentlich ein.
Von Abtasten war keine Spur nach dem Puck Einwurf, beide Teams legten zügig den Vorwärtsgang ein. Wolfsburg agierte im gewohnten 1-3-1 System und hielten konsequent an ihrem in den letzten Wochen bewährten Game Plan fest. Tuomie prüfte gleich zweimal den Grizzlys Goalie, der sicher genauso wie sein Gegenüber Niederberger im Brennpunkt des Geschehens sein sollte. Depres auf Seiten der Eisbären zeigte sich sehr spielfreudig und setzte einige Duftmarken. Die Hausherren wirkten anfangs frischer und aktiver. Nach dem Powerbreak hatte Jormakka eine sehr gute Chance, doch Niederberger hielt seinen Kasten sauber.
Bei einem 3 auf 2 Konter vergaß Foucault im letzten Moment die Scheibe, sonst hätte es brandgefährlich werden können. Danach gab es einen guten Wechsel der Grizzlys, die sich ein wenig festsetzen konnten und sich kurz danach eine weitere Gelegenheit erarbeiteten.
Es gab mittlerweile Chancen hüben wie drüben und jeder Check wurde zu Ende gefahren. Bittners Top Chance ergab einen Rebound vor Niederberger, doch letztlich endete die brenzlige Situation in einem Spielerknäuel. McKiernans Riecher wäre fast belohnt worden, aber er fand in Strahlmeier seinen Meister. Der Scoring Streak des Berliner Defenders mit 6 Toren in 6 Spielen war schon herausragend. Nach einem körperbetonten Match auf hohem Niveau ging es torlos in die erste Pause. Beide Teams neutralisierten sich effektiv in einem fairen Match ohne Strafminuten bis dato.
Hördler: „Das Spiel ist wie erwartet: viel laufen, viel arbeiten und kämpfen. Wolfsburg hat eine gute Mannschaft, die sehr diszipliniert ist und gutsteht. Sie haben vorne gefährliche Spieler, aber wir haben vielleicht noch gefährlichere Spieler. Wir müssen den Puck noch mehr zum Tor bringen."
Fliegauf: „Es war das taktische Spiel wie erwartet. Ein echtes Mammutprogramm mit dem heute 21. Match in 42 Tagen, Respekt und Hut ab vor den Jungs. Wir agieren ganz gut, es ist eine offene Begegnung. Die Belastungen sind schon extrem, denn wir müssen noch die Hygienevorschriften beachten im Training, das ist viel Aufwand für das Team und die Betreuer. Hinzu kommt das viele reisen, im Bus mit Maske zu fahren, aber wir tun alles, um heute dabei zu sein. Eine gute Planung ist nötig wegen der PCR Tests nach dem Mannheim Match. Pat Cortina hat einen großen Anteil ebenso wie die Co-Trainer, der Fitness Coach und der Torwarttrainer. Unser Turning Point war das Head to Head Spiel gegen Nürnberg: danach haben wir uns am Schopf gepackt und selbst rausgezogen und sind dann von Spiel für Spiel besser geworden. Unsere Serie mit 6 Siegen aus 8 Spielen am Ende war wichtig. Die Ausfälle tun uns natürlich weh, wir haben einen kleinen Kader, die Sturmreihen haben sich aber immer besser gefunden. Wir haben einen guten Korpsgeist in der Mannschaft.“
Im zweiten Drittel bekam Berlin nach gut 2 ½ Minuten zwei riesige Gelegenheiten, um in Führung zu gehen, doch der Pfosten stand im Weg bei Noebels Rückhand Schlenzer. Die Eisbären verbuchten nun ein deutliches Chancenplus, doch die Grizzlys blieben stets brandgefährlich und Hungerecker scheiterte nach tollem Pass von Machacek am gut aufgelegten Niederberger. Kurz danach hatte Olimb eine Top Chance.
Nach dem Powerbreak durften die Gäste ihr erstes Powerplay ausüben nach einem harten Check gegen Görtz. McKiernan erwischte es als Übeltäter. Der Wolfsburger Siegtorschütze gegen Mannheim ging vorsichtshalber in die Kabine.
Mit Ablauf der Strafe glänzte Niederberger mit einem Monster Fanghand Save, obwohl ihm fast komplett von Furchner die Sicht versperrt war. Der erste Strafbanksünder durfte dann gleich nochmals in der Kühlbox Platz nehmen und Niederberger stand weiter im Blickpunkt. Und dann war es passiert, denn Fauser brachte die Gäste in der 34. Spielminute in Führung und das wiederum im starken Wolfsburger Überzahlspiel.
Nun hatte Wolfsburg Oberwasser und zeigte sich beflügelt. Dann verabschiedete sich Boychuk in die Kabine nach einem schmerzhaften Kontakt mit der Bande und Pföderl musste knapp 2 Minuten vor Drittelende auf die Sünderbank. Berlin nahm geschickt viel Zeit von der Uhr und die Gäste hatten Schwierigkeiten in die Aufstellung zu finden und die Eisbären konnten sogar selbst zum Abschluss kommen. 12 Sekunden hätte White eine zweite super Chance in Unterzahl. Nahezu mit der Drittelsirene wurde es nochmals gefährlich vor Niederberger, der aber einen kühlen Kopf behielt. Demzufolge ging es mit einem hauchdünnen 0 zu 1 in die zweite Pause. Die Grizzlys erwiesen sich erneut sehr effizient in der Verwertung beim Powerplay.
Fauser: „Es ist brutal umkämpft, es wird sich kein Zentimeter geschenkt, jeder ist bedacht keinen Fehler zu machen. Wir haben die Überzahl genutzt, aber wir dürfen keinen Millimeter nachlassen, sonst wird es knapp. Wir müssen die wichtigen Zweikämpfe in der eigenen Zone gewinnen und die Scheibe einfach rausspielen.“
Im letzten Drittel wollte es Reichel wohl wissen, denn er verzeichnete gleich mal zwei Gelegenheiten hintereinander für die Eisbären. Statistisch gesehen war das letzte Drittel für Berlin das Beste, wohingegen die Grizzlys hier schlechte Werte aufwiesen. Nach einem fulminanten Angriffswirbel der Eisbären konnte sich ein Wolfsburger nur mit einem Foul helfen, doch Festerling hatte die Megachance in Unterzahl, touchierte aber nur den Außenpfosten. Insgesamt war das erste Berliner Powerplay zu statisch und es fehlte die nötige Bewegung. Gegen Järvinens abgefälschten Schuss parierte Niederberger erneut in souveräner Manier.
Nachdem Melchiori zwei Minuten absitzen musste, probierten die Eisbären immer den One Timer von Noebels zu suchen, doch dieses Rezept ging nicht auf, zu gut waren die Grizzlys positioniert. Serge Aubin musste hier noch das Feintuning finden für seine Akteure. Wurm und Fauser warfen sich heroisch und teamfördernd in die Schüsse der Eisbären. Wolfsburg hielt stoisch und erfolgreich am Matchplan fest. Beim 3 auf 2 Konter der Wolfsburger hatte wieder Niederberger beim Schuss von Rech das bessere Ende auf seiner Seite und bewahrte sein Team vor einem weiteren Gegentreffer. Reichel schien on Fire zu sein, denn er war erneut zur Stelle, bis dann Strahlmeier den Puck kurz jonglierte bevor geklärt war.
Mit der 2 Minutenstrafe für Bruggisser bekamen nun die Berliner die nächste Chance zum Ausgleich, die sie nun im dritten Anlauf in Person von Noebels in der 55. Spielminute auch nutzten. Dieses Remis hatten sich die Eisbären redlich verdient. Nun begann die sogenannte Crunchtime und man war gespannt, wer von den beiden Teams den entscheidenden Punch setzte. Nach der erkämpften Scheibe hinter Niederberger stand Festerling goldrichtig im Slot und vollendete in der 58. Spielminute zur erneuten Führung für Wolfsburg.
Nun zog Aubin den Goalie und Berlin agierte mit einem sechsten Feldspieler für die letzten 2 Minuten. 38 Sekunden vor Ende der regulären Spielzeit netzte tatsächlich Boychuk zum wiederholten Ausgleich ein. Welch ein Comeback der Eisbären! Diese Qualität sprach für Berlin! Nun ging es in die Verlängerung in dieser fesselnden Begegnung, in der die Wolfsburger schon fast wie der sichere Sieger aussahen.
Noebels: „Es ist ein super Spiel, jeder Zentimeter ist umkämpft. Wir sind zweimal zurückgekommen und wollen nun auch gewinnen. 40 Minuten haben wir nicht unsere beste Seite gezeigt, sind dann erst besser Schlittschuh gelaufen.“
Die Torschuss Statistik war mit 35:35 völlig identisch nach gespielten drei Abschnitten und auch bei den Strafminuten war es mit 6:6 pari. Beide Teams schenkten sich auch in dieser Verlängerung nichts und verbuchten etliche Torchancen auf beiden Seiten. Es wurde mit offenem Visier gespielt. Nach einer äußerst seltsam abgesprungenen Scheibe von der Bande musste Strahlmeier sein ganzes Können auspacken, um davon nicht düpiert zu werden. Es blieb unfassbar spannend und man hatte das Gefühl, dass mit jedem Angriff der sudden death provoziert werden konnte.
Auch Strahlmeier spielte aktiv mit und leitete einen Wolfsburger Angriff ein. Es blieb weiterhin eine körperbetonte Partie und dann hatten die Eisbären die Chance zur Entscheidung durch Pföderl, der etwas überrascht war ob dieser Gelegenheit. Dann tankte sich Festerling durch konnte aber Berlins Goalie nicht überwinden. Auf der Gegenseite blieben die Eisbären nur zweiter Sieger im Slot vor Strahlmeier.
Danach verzog Olimb in aussichtsreicher Position, aber schließlich entschied der Mann mit der meisten Eiszeit bei den Grizzlys, Melchiori in der 78. Spielminute diese packende Partie mit einer famosen Einzelleistung in beeindruckender, unaufgeregter Art und Weise.
Spiel 2 findet am Mittwoch, den 5.5.2021 in Wolfsburg statt. Sofern ein Spiel 3 notwendig sein sollte, würde diese Begegnung am Freitag, den 7. Mai in Berlin ausgetragen.
Stimmen zum Spiel:
Berlin – Aubin:
„Es war die zu erwartende Partie. Je länger das Spiel dauerte, hatten wir immer mehr Möglichkeiten, wir haben es nur verpasst, den Deckel drauf zu machen. Wir müssen uns nun sammeln, neu ordnen, uns erholen und dann sind wir wieder bereit. Wir werden das Spiel ausführlich analysieren. Leo hatte die Chance zum Siegtreffer. Wir sind bereit für eine lange Serie.”
Wolfsburg – Melchiori:
„I am very satisfied. It is a dream so far, the way we play the whole season, what a story in the last weeks. You need to stay calm, that’s always how I am used to play and at the end it can pay off. Plan for game 2: it will be the toughest one yet, they are an excellent team, it won’t be any easier than before. We need to think shift per shift and period per period.”
Wolfsburg – Cortina:
“Es war ein gutes Eishockey Spiel mit unglaublich viel Tempo. In der Verlängerung waren wir läuferisch stark. It’s fun to be part. Es war Adrenalin und beide Teams hatten Lust Eishockey zu spielen. Für das Spiel 2 müssen wir Energie finden. Die letzten 20 Tage haben wir viel gespielt, Regeneration ist nun sehr wichtig und der Kopf muss frei bleiben.“
Spiel vom 02.05.2021
Berlin – Wolfsburg 2:3 n.V. (0:0|0:1|2:1|0:1)
Tore:
0:1 |34| Fauser (Rech, Olimb) PP1
1:1 |55| Noebels (Depres, White) PP1
1:2 |58| Festerling (Jormakka)
2:2 |60| Boychuk (White, McKiernan)
2:3 |78| Melchiori
1. Drittel Statistik: 12:11 Schüsse, 7:10 gewonnene Bullys, Strafminuten: 0:0
2. Drittel Statistik: 8:16 Schüsse, 14:11 gewonnene Bullys, Strafminuten: 6:0
3. Drittel Statistik: 15:8 Schüsse, 15:13 gewonnene Bullys, Strafminuten: 0:6
Overtime Statistik: 8:8 Schüsse, 4:3 gewonnene Bullys, Strafminuten: 0:0
Zuschauer: Keine
Schiedsrichter: Rantala / Rohatsch
Aufstellung:
Berlin: Niederberger, Despres, McKiernan, Noebels, Reichel, Pföderl, Hördler, Wissmann, White, Boychuk, Fiore, Müller, Ramage, Tuomie, Olver, Foucault, Mik, Labrie, Zengerle, Streu.
Wolfsburg: Strahlmeier, Bittner, Möser, Machacek, Olimb, Rech, Bruggisser, Wurm, Görtz, Järvinen, Furchner, Likens, Melchiori, Jormakka, Festerling, Fauser, Adam, Busch, Raabe, Hungerecker.
Deutsche Eishockey Liga (PENNY-DEL)
Die Deutsche Eishockey Liga (PENNY-DEL) ist die höchste deutsche Eishockey-Spielklasse und wurde im Jahr 1994 gegründet. Am Spielbetrieb nehmen 14 Proficlubs (Kapitalgesellschaften) teil und der aktuelle DEL-Rekordmeister sind die Eisbären Berlin mit 7 Meisterschaften.
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