(IIHF WM 2021/Riga) (Hermann Graßl) In der Arena Riga kam es heute zum Showdown zwischen den Teams der USA und Deutschland. Die DEB Auswahl benötigte unbedingt noch Punkte, um den anvisierte Viertelfinaleinzug zu sichern. Ihre leidenschaftliche Partie gegen den amtierenden Weltmeister Finnland vor 2 Tagen machte Mut für eine gute Performance gegen die im Laufe des Turniers stetig besser agierende Mannschaft um Coach Capuano.
(Fotoquelle: Guntis Lazdäns)
Auch heute würde es wieder auf die berühmten Kleinigkeiten ankommen: Checks zu Ende fahren, die neutrale Zone gut überbrücken, Zweikämpfe an der Bande gewinnen und von der Strafbank fernbleiben. Mit den bewährten deutschen Tugenden sollte gegen die in der Weltrangliste auf Platz 6 rangierenden Amerikaner durchaus was Zählbares drin sein. Schließlich setzte sich die gnadenlose Effektivität der USA am Ende durch: dank einer bärenstarken Abwehrleistung ringt das US Team die glücklose deutsche Mannschaft mit 2 zu 0 nieder.
Deutschland konnte in diesem Spiel zum ersten Mal den Nachrücker aus der NHL, Dominik Kahun aufbieten, der sicherlich eine große Verstärkung für das Team um Toni Söderholm war. Kahun spielte in der Mannheimer Reihe als Center zwischen Plachta und Eisenschmid. Dafür rutschte Loibl in die vierte Formation neben Peterka und Kastner. 2017 bei der Heim WM in Köln konnte man den heutigen Gegner besiegen, ebenso 2019, dies sollte ein gutes Omen sein. Reichel wirkte heute wieder mit, Brückmann bekam seinen zweiten Einsatz und Bittner erhielt sein WM-Debut.
Söderholm: „Die USA ist eine läuferisch sehr starke Mannschaft, sie nutzen jede Möglichkeit zum Angriff und ihre 5 Spieler sind immer aktiv. Es ist wichtig, die Scheibe zu erkämpfen und daraus gute Angriffe zu kreieren. Tempo und Leidenschaft spielen heute eine zentrale Rolle.“
Die USA fanden im Laufe des Turniers immer besser ins Spiel und stehen nicht zu Unrecht ganz oben in der Tabelle der Gruppe B. Die Qualifikation für das Viertelfinale scheint gesichert zu sein und mit der Abschlusspartie gegen Aufsteiger Italien sollten auch die letzten Zweifel beseitigt werden. Das US-Team war bisher bekannt für ein schnelles Eishockey, d.h. es waren kaum Verschnaufpausen zu erwarten. Da die USA als Heim Team ausgelost wurden, hatten die Amerikaner die Option des letzten Wechsels, vielleicht sogar ein komparativer Vorteil.
Garwanke feierte heute seinen 22. Geburtstag und wollte sich natürlich selbst ein Geschenk mit einem Sieg gegen die USA machen, die gleich wieder gewohnt schnell und druckvoll begannen. Mit einem sehr harten Check gegen Kastner setzten sie gleich mal ein erstes negatives Ausrufezeichen. Gottseidank schien es bei ihm weiterzugehen; er hatte schon mal in seiner Karriere mit einer schweren Verletzung zu kämpfen. Die USA hätten sich hier nicht über eine Strafe beschweren brauchen.
Nachdem die ersten 5 Minuten noch unter gegenseitigem Abtasten standen, erspielte sich das DEB Team 2 gute Gelegenheiten. Auch Brückmann konnte sich danach zweimal sehr gut auszeichnen bei gefährlichen Vorstößen der US-Boys. Ihr kleiner Wirbelwind Garland zauberte dann mit einem Volleyschuss aus der Luft und einmal rutschte der Puck nur haarscharf am Kasten von Brückmann vorbei.
Die USA attackierten sehr druckvoll mit doppeltem Forechecking selbst bei 4 gegen 4. Es entwickelte sich das erwartet harte physische Match mit hoher Geschwindigkeit. Das Team um Toni Söderholm hielt bis dato gut entgegen und verdiente sich das Remis redlich. Es war ein offener Schlagabtausch zweier Mannschaften auf Augenhöhe. Die Wahl von Brückmann erwies sich bisher als Glücksgriff. Niederberger saß heute nicht mit auf der Bank, Treutle agierte als Backup.
Leo Pföderl hatte dann die beste Chance für das deutsche Team kurz vor Ende des ersten Drittels, als er seinen Rebound nicht verwerten konnte, nachdem Holzer großartig vorbereitet hatte. In einer qualitativ guten Partie ging man mit einem leistungsgerechten Unentschieden in die Kabine und die deutsche Auswahl konnte den Mittelabschnitt für 1:47 Minuten sogar im Powerplay starten.
Kahun: „Das Timing ist noch etwas anders, da komme ich aber noch rein. Wir müssen weiter so kämpfen, dann bin ich zuversichtlich. Wir müssen hinten ruhig bleiben und einen kontrollierten Aufbau spielen. Wir müssen die Scheibe gut bewegen und vors Tor bringen, dann haben wir heute eine gute Chance.“
Im zweiten Drittel auf frischem Eis gab es nun die Gelegenheit, ihre solide Leistung mit einem Treffer zu belohnen. Der Zug zum Tor musste noch etwas optimiert werden. Auch in Unterzahl störten die Amis früh und oft auch effektiv. Erst spät konnte die Aufstellung gefunden werden und letztlich überstand die Heimmannschaft diese Situation relativ souverän. Nur ein Angriff des DEB Teams brachte Gefahr für die USA. Nach zweimaligem Bully Verstoß, was man im Eishockey sehr selten sieht, gab es gleich die erneute Überzahl für Deutschland. Das zweite Powerplay sah schon wesentlich besser aus und führte zu gelungenem Pass Spiel vor dem US-Gehäuse, ohne was Verwertbares dabei herauszuholen. Das bereits bewährte starke Penalty Killing der US-Boys offenbarte sich auch in diesem Fall.
Mitte des zweiten Drittels schnürte die USA das deutsche Team ein wenig ein und übte in der gesamten Breite der Eisfläche gehörig Druck aus. Dann befreite sich das deutsche Team wieder und erarbeitete sich eine Top Chance durch Reichel, doch Petersen war nicht zu überwinden. Taktisch erwiesen sich beide Mannschaften bisher als ausgewiesene Meister ihres Fachs. Es schien für die deutschen Spieler fast kein Durchkommen zu geben in der US-Zone. Eine weitere gute Aktion des frischen Reichel war kurz danach zu verzeichnen. Die US-Boys gaben nicht viel her in dieser Begegnung, das deutsche Team musste sich jede noch so kleine Chance hart erkämpfen. Dann musste der Team Leader der USA, Abdelkader verletzungsbedingt in die Kabine, wobei keine Fremdeinwirkung dafür ursächlich war.
Knapp 3 Minuten vor Drittelende durfte dann die USA zum ersten Mal in Überzahl ran und veredelte diese numerische Überlegenheit sofort mit dem Führungstreffer durch Robertson in der 39. Spielminute. Nun war noch mehr Offensivpower gefragt, um dieses Match zu drehen. In einer intensiven Begegnung konnte Deutschland die beiden Powerplay Konstellationen nicht nutzen, während die USA mit ihrem Special Team sofort eiskalt zuschlugen. Ihre Effektivität mit nur insgesamt 9 Torschüssen war schon bemerkenswert.
Bittner: „Wir haben bisher ein ganz gutes Spiel gezeigt, unser Unterzahl war auch gut. Wir haben es leider zweimal nicht geschafft richtig zu klären, dann waren die Jungs etwas zu müde. Wir müssen nicht viel verändern, wir haben unsere Chancen und wir müssen nur an uns glauben und genauso weiterspielen, dann werden wir erfolgreich sein.“
Im Schlussabschnitt galt es nun, genauso konzentriert und gut strukturiert dagegenzuhalten. Noch war nichts verloren und das amerikanische Bollwerk war sicher nicht unüberwindbar. Die deutsche Mannschaft startete furios und hatte mit Eisenschmid gleich eine dicke Möglichkeit. Es schien wie verhext zu sein, denn unmittelbar danach hatte auch Wagner den Ausgleich auf dem Schläger. Ihr Goalie Petersen war jedoch hellwach und fror die Scheibe ein.
Vielleicht musste heute ein Überraschungseffekt den Ausschlag geben. Auch das Geburtstagskind Gawanke probierte es mal mit einem Distanzschuss, doch ohne Erfolg. Die Schwierigkeit bestand heute, von der Bande in den Slot zu gelangen, um dort für Gefahr zu sorgen. Bisher schaffte es Deutschland noch nicht, vor Petersen für genügend Unruhe zu sorgen, der weitgehend freie Sicht auf die Schüsse hatte.
Knapp 8 Minuten vor der Schlusssirene trudelte der Puck denkbar knapp am US-Gehäuse vorbei. Brückmann, der in Drittel Nummer 3 kaum gefordert wurde, musste dann sein ganzes Können aufbieten, um das Solo eines US-Boys zu unterbinden. Eine Strafzeit ca. 6 Minuten vor dem Ende schien zur Unzeit zu kommen, um die Mission Viertelfinale am Leben zu erhalten. 4 Strafminuten mussten nun am Stück überstanden werden, bevor die Schlussoffensive eingeläutet werden konnte. Dabei kam Deutschland kurz darauf eine Strafe der USA zugute, um die letzten beiden Spielminuten in Überzahl zu bestreiten und den Goalie zu ziehen zugunsten eines 6. Feldspielers.
Letztlich setzte die USA in einem dramatischen Finish mit einem Emty Net Goal in Person von Blackwell 27 Sekunden vor der Sirene den Deckel drauf und machte die Bemühungen der DEB Auswahl jäh zunichte. Die fehlenden Punkte für den Viertelfinaleinzug mussten nun im letzten Gruppenspiel gegen den Gastgeber Lettland geholt werden, kein leichtes Unterfangen zum Ende der Vorrunde.
Als bester Spieler für Deutschland wurde Eisenschmid ausgezeichnet, bei den USA wurde Goalie Petersen geehrt, der sich als unerschütterlicher Rückhalt für sein Team erwies und einen Shutout einfuhr.
Noebels: „Wir haben sehr gut gespielt, es war definitiv eine Steigerung. Mehr als ein Punkt wäre verdient gewesen. Wir müssen damit nun leben, morgen geht es weiter. Wir standen zu oft und zu wenig vor dem gegnerischen Tor, um die zweite oder dritte Chance auf den Abschluss zu bekommen. Wir haben viele Zweikämpfe gewonnen und Vieles richtig gemacht. Wir müssen das Spiel sofort abhaken und viel Positives mitnehmen. Das Turnier ist sehr lang, nun haben wir ein Endspiel gegen den Gastgeber und wir wollen ins Viertelfinale einziehen.“
Müller M.: „Insgesamt war es ein gutes Match gegen eine starke Nation. Der letzte Zug zum Tor hat gefehlt, das müssen wir morgen besser machen. Wir haben es selbst in der Hand. Unser Aufbauspiel war viel besser, im gegnerischen Drittel haben wir uns gut festgesetzt. Wir brauchen noch mehr Zug zum Tor. Wir haben das schon mal hier in Riga geschafft, dann machen wir es morgen nochmal.“
(Fotoquelle: Guntis Lazdäns)
Spielstatistiken
Riga, 31.05.2021
USA - Deutschland - 2:0 (0:0|1:0|1:0)
Tore:
1:0 |39| Robertson (Donato, Garland) PP1
2:0 |60| Blackwell (Robinson) EN
Best Player of the Game
Deutschland # 58 Eisenschmid
USA # 40 Petersen (G)
Referees: Bjork (SWE) / Frandsen (DEN)
Zuschauer: Keine
Aufstellung:
USA: Petersen, Wolanin, Roy, Abdelkader, Blackwell, Labanc, Jones, Tennyson, Robertson, Moore, Garland, Mackey, Wideman, Donato, Drury, Thompson, Hellickson, Robinson, Rooney, Chmelevski.
Deutschland: Brückmann, Seider, Müller M., Rieder, Krämmer, Kühnhackl, Holzer, Müller J., Pföderl, Noebels, Reichel, Nowak, Wagner, Plachta, Kahun, Eisenschmid, Bittner, Gawanke, Peterka, Loibl, Kastner.
Statistiken gegen USA
17 Mal traf das DEB-Team bei Weltmeisterschaften bereits auf den Weltranglisten 6-ten. Es gab 6 Siege, 2 Unentschieden und 9 Niederlagen gegen das US-Team. In den letzten 4 Spielen konnte Deutschland 3 Mal in engen Spielen als Sieger vom Eis gehen. Wobei das US-Team meistens Startschwierigkeiten in den ersten Gruppenspielen hat und sich dann von Spiel zu Spiel steigert.
WM Totals: 17-6-2-9-34-46
10.02.1934 DEB – USA 0:3
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08.05.2008 DEB – USA 4:6
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14.02.1938 DEB – USA 0:1
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07.05.2010 DEB – USA 2:1 n.V.
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04.02.1938 DEB – USA 0:4
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12.05.2013 DEB – USA 0:3
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29.04.1992 DEB – USA 5:3
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20.05.2014 DEB – USA 4:5
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25.04.1993 DEB – USA 6:3
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15.05.2016 DEB – USA 3:2
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23.04.1996 DEB – USA 2:4
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05.05.2017 DEB – USA 2:1
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08.05.1998 DEB – USA 1:1
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07.05.2018 DEB – USA 0:3
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05.05.2002 DEB – USA 2:2
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19.05.2019 DEB – USA 3:1
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05.05.2007 DEB – USA 0:3
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eishockey-online.com ist für Sie bei der Eishockey Weltmeisterschaft 2021 in der Riga vor Ort und berichtet Live.
Vom 21. Mai bis 6. Juni 2021 findet in Lettland die 85. IIHF Eishockey Weltmeisterschaft statt. Das DEB Team trifft in Riga auf die Teams aus Italien, Norwegen, Kanada, Kasachstan, Finnland, USA und Lettland und hat somit erstmal 7 Vorrundenspiele zu absolvieren.
Informationen über alle Weltmeisterschaften, Olympische Spiele seit 1910 bis heute findet Ihr auf unserer Webseite www.eishockey-deutschland.info